Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Alles was noch mit der F800S + F800ST + F800GT + F800GS und der F800R zu tun hat.

Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon Andi1221 » 21.12.2011, 20:15

Jetzt kam mir gerade wieder was hoch, wo ich mir dachte, frag doch mal die Forumsleute, sind einige dabei, mit technischem Hindergrundwissen.

Wenn ich im Stand von Leerlauf in den ersten Gang schalte, gibts ja nen spürbaren Ruck im Getriebe bzw. der Schaltung.
Soweit ich das als Laie verstehe, weil nicht geschaltete Teile die mit Standdrehzahl liefen ruckartig auf 0 runter synchronisiert werden.

Beim Auto passsiert doch im Prinzip dasselbe...
Warum spürt/hört man den selben Vorgang beim Auto nicht, während es mir beim Motorrad so vorkommt,
als sollte man dieses "derbe runtersynchronisieren" auf 0 vermeiden.

Was ist im Bezug auf Verschleiß besser, an der Ampel 2 Minuten lang die Kupplung zu halten oder
den Gang raus zu nehmen mit anschließendem synchronisieren auf 0?

Beim Auto fahren wurde mir beigebracht: Die Kupplung ist zum schalten, nicht zum stehen bleiben.
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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon Wobbel » 21.12.2011, 21:30

Hallo Andi

Also den technischen Hintergrund kann ich dir nicht erklären, sondern nur meine Erfahrungen schildern.
Ich halte die Kupplung nicht sonder schalte in den Leerlauf und das schon seit ca. 25 Jahren und 350000km. Bis heute hatte ich nie Probleme und ich habe einige Motorräder über 100000km gefahren. :D
Gruß
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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon Lichtmann » 21.12.2011, 21:55

Huhuuu,
also ganz kurz, beim Motorradgetriebe gibt es keine Synchronisation, das heißt das es kein Verschleißteil, Synchronring, gibt was vor dem Schaltvorgang die Drehzahlen der Getriebewellen mehr oder weniger sanft an die Drehzahl anpasst, aus Platzgründen verzichtet man beim Motorrad auf sowas, außerdem wird auch bei gezogerner Kupplung durch das Öl ( besonders bei Kaltstart) ein gewisses Drehmoment auf die Vorlegewelle übertragen, schon kracht es, da die Abtriebswelle still steht, bei warmem Öl sind die Schleppkräfte die übertragen werden können kleiner, schon ist es nciht mehr ganz so laut, Kupplung im Ölbad deshalb um die Wärmeabfuhrzu beschleunigen, auch beim Auto kracht es ab und an, da der Rückwärtsgang nicht synchronisiert ist, und dazu noch grad verzahnt.

In diesem Sinne
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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon Roadslug » 22.12.2011, 00:34

Richtig. Neben der fehlenden Synchronisation gibt es noch weitere Gründe für den "Ruck" beim Einlegen des ersten Ganges:
-Die Bauweise der Getriebe von Motorrad und Pkw unterscheidet sich beträchtlich. Beim Motorrad hat man eine Primäruntersetzung zwischen Getriebe-Antriebswelle und Motor und zudem laufen immer beide Getriebewellen voll mit. Das ergibt ein relativ hohes Massen-Trägheitsmoment und beim Einlegen des Ganges werden beide Wellen schlagartig auf Null gebremst. Im Vergleich der relativ geringen Masse eines Motorrad zum Pkw ergibt das einen spürbaren Ruck.
-Die Kupplung der F800 besteht aus einer Mehrscheiben-Ölbadkupplung. Durch die Ölreibung zwischen den Kupplungsscheiben gibt keine 100%ige Trennung zwischen Motor und Getriebe.

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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon Lichtmann » 22.12.2011, 00:56

Hallo,

kann sich jeder ausrechnen wie groß der Abstand unter einander bei 18 Lamellen, 9Belaglamellen, und 9 Stahllamellen bei betätigter Kupplung ist, das da überhaupt was trennt grenzt an ein Wunder, grins.

Holla die Waldfee.
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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon Art Vandelay » 22.12.2011, 08:49

Tipp aus Zeiten meiner Kawa KLE500: Wenn die ein paar Tage lang gestanden ist und ich hab den ersten Gang reingeschmissen, hats mich fast nach vorne katapultiert und/oder der Motor ist abgestorben.

Dann hab ichs vorm Losfahren einfach immer so gemacht: Kupplung ziehen, ein paar Mal kurz am Gas ziehen (nicht zu heftig, der Motor ist ja kalt). Dadurch hat sich die Kupplung "gelöst" und ich konnte den ersten Gang einlegen, ohne dass ich Angst haben musste, dass es mir irgendwann ein paar Zahnräder durch den Motorblock in den Hintern schiesst.
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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon HarrySpar » 22.12.2011, 09:02

Roadslug hat geschrieben:... und beim Einlegen des Ganges werden beide Wellen schlagartig auf Null gebremst....

Wenn ich im Stand (z.B. an der Ampel) bei laufendem Motor aus dem Leerlauf den ersten Gang einlege, wird nur die Getriebeeingangswelle schlagartig auf "Null" abgebremst. Die Getriebeausgangswelle ist ja schon auf "Null". Sonst würde man ja nicht stehen sondern rollen bzw. fahren.
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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon HarrySpar » 22.12.2011, 09:06

Lichtmann hat geschrieben:kann sich jeder ausrechnen wie groß der Abstand unter einander bei 18 Lamellen, 9Belaglamellen, und 9 Stahllamellen bei betätigter Kupplung ist, das da überhaupt was trennt grenzt an ein Wunder, grins.

Zum "Trennen" ist ja auch kein Abstand nötig. Es ist nur nötig, daß keine Anpreßkraft mehr auf die Kupplungsscheiben wirkt.

Bei der Bremse ist es ja analog zur Kupplung. Wenn ich die Bremse wieder los lasse, verschwindet nur die Anpreßkraft vom Bremsbelag zur Scheibe. Der Belag liegt aber nach wie vor an der Scheibe an (außer die Bremsscheibe hat einen Schlag). Beim Schieben des Motorrads kann man das leichte Bremsenschleifen hören.
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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon Mikebaum » 22.12.2011, 10:52

Ja, und ich stimme Wobbel zu: Kupplung nicht halten, sondern Gang rausnehmen.
(Und es gibt auch Motorräder, wo es nicht so arg kracht beim Schalten!) :lol:

Schöne Feiertage! :D
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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon Roadslug » 22.12.2011, 10:53

HarrySpar hat geschrieben:
Roadslug hat geschrieben:... und beim Einlegen des Ganges werden beide Wellen schlagartig auf Null gebremst....

Wenn ich im Stand (z.B. an der Ampel) bei laufendem Motor aus dem Leerlauf den ersten Gang einlege, wird nur die Getriebeeingangswelle schlagartig auf "Null" abgebremst. Die Getriebeausgangswelle ist ja schon auf "Null". Sonst würde man ja nicht stehen sondern rollen bzw. fahren.
Richtig, das war nicht korrekt von mir ausgedrückt. Bei stehendem Motorrad dreht sich nicht die Abtriebswelle, die ist ja über den Sekundärantrieb starr mit dem Hinterrad verbunden, sondern nur die darauf befindlichen Gangräder. Beim Einlegen eines Ganges wird das entsprechende Gang-Rad starr mit der Abtriebswelle verbunden und damit über das Gegen-Rad die Antriebswelle und die gesamten anderen Gang-Räder schlagartig abgebremst.

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Re: Frage an technisch Bewanderte (Schaltung)

Beitragvon Lichtmann » 22.12.2011, 18:25

HarrySpar hat geschrieben:
Lichtmann hat geschrieben:kann sich jeder ausrechnen wie groß der Abstand unter einander bei 18 Lamellen, 9Belaglamellen, und 9 Stahllamellen bei betätigter Kupplung ist, das da überhaupt was trennt grenzt an ein Wunder, grins.

Zum "Trennen" ist ja auch kein Abstand nötig. Es ist nur nötig, daß keine Anpreßkraft mehr auf die Kupplungsscheiben wirkt.

Bei der Bremse ist es ja analog zur Kupplung. Wenn ich die Bremse wieder los lasse, verschwindet nur die Anpreßkraft vom Bremsbelag zur Scheibe. Der Belag liegt aber nach wie vor an der Scheibe an (außer die Bremsscheibe hat einen Schlag). Beim Schieben des Motorrads kann man das leichte Bremsenschleifen hören.



Richtig, gemeint war das Schleppmoment durch das kalte Öl.


Grins,
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