von miksch » 17.07.2007, 18:31
Ich habe hier Lust, etwas mitzumischen. Eigentlich sind es hier drei Aspekte, die eine wesentliche Rolle spielen:
1. Welches Tempo erlaubt meine Brieftasche
2. Welches Tempo erlauben meine Fahrfertigkeiten (selbst oder von anderen eingeschätzt)
3. Wie verhalte ich mich gegenüber Gruppenzwang
Der erste Punkt ist ja nur etwas fürs praktische Leben, ob da jemand Stempeln gehen will oder nicht. Für einige gibts da gar keine Grenzen, andere haben auf Familie Rücksicht zu nehmen.
Der zweite Punkt ist ja etwas komplizierter. Bei Umfragen stellt sich heraus, daß, insbesondere männliche Fahrer ihre eigenen Fahrfertigkeiten als überdurchschnittlich, und die Fertigkeiten der anderen als unterdurchschnittlich einschätzen (habe es vor einigen Monaten in einem Automagazin gelesen). Statistisch gesehen bedeutet dies, daß sich fast alle selbst überschätzen. Das ist reine Matematikk. Das heißt wiederum, daß sich hier nicht die Frage Stellt, ob es mal kracht, sondern wann es Kracht. Es ist nur dieses "wann", was wir beeinflussen können. Fährst du lange genug, wirst Du dich eines Tages in einer Situation befinden, wo kurzzeitige Unaufmerksamkeit recht ernste Folgen haben kann, sowohl für dich als auch für den anderen Verkehrsteilnehmer.
Deshalb sage ich meiner Tochter, die gerade den Lappen für 125 ccm macht (Norwegen), daß sie vor jedem Fahrtantritt einige Sekunden innehalten soll, um die eigene Stimmungslage zu sondieren, und dann, je nach Stimmung fahren. Aggressiv und sauer soll sie lieber zu Fuß gehen. Fühlt sie sich in Toppform, dann kann sie davon ausgehen, daß sie aufmerksamer fährt, und daß sie dann forscher fahren kann, ohne daß es unbedingt gefährlich werden muß. Aber ein indifferrentes Gefühl (was das häufigste ist) (statistisches Mittel) bedeutet dann auch indifferentes (etwas vorsichtigeres) Fahren. Somit soll die eigene Tagesform das Tempo entscheiden, nicht die Biokurve des Kumpels.
Deshalb war es absolut richtig, auf deine innere Stimme zu hören und die anderen drei weiterfahren zu lassen. Die Folgen des Gruppenzwanges (man dehnt seine Grenzen, um mitzuhalten) sind beim Moppedfahren einfach zu Ernst, als daß man sich nicht einige Gedanken darüber machen sollte.
Ein letzter Aspekt ist mehr ein moralischer. Den möchte ich lieber am Ende meines allzulangen Textes anhängen, weil er doch etwas den Rahmen sprengt, und zudem möchte ich mich nicht als Moralapostel aufplustern.
Hat schon mal jemand von Euch den Tod eines anderen verursacht? Die meisten sprechen ja immer vom eigenen Schaden oder davon, daß man selbst über die Klinge springt. Aber was ist, wenn man selbst ungeschoren davonkommt, und auf der Straße liegt ein Toter?
Ein Kumpel von mir, er ist Chirurg, war es gewöhnt, daß Menschen starben trotz seines Einsatzes als Arzt. Und er konnte auch damit leben, daß er als Arzt Fehler machte, die einen anderen Menschen schaden könnten. So war es eben, als Mensch mit Fehlern zu leben. Aber vor vier Jahren verursachte er einen Unfall, wo er eindeutig Schuld hatte. Der Unfall hatte für einen alten Herren tödliche Folgen. Mein Kumpel kommt damit einfach nicht klar, und ich habe selbst erleben können, wie ein eigentlich sehr solider Mensch in nur wenigen Monaten total verfällt.
Hier hat jeder für sich zu entscheiden, mit welcher Belastung er leben kann und nicht. Und jeder muß selbst wissen, ob er die Straße zu seiner privaten Rennstrecke umgestalten will oder nicht.
Alsdann gute Fahrt
Mikael