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Ein subjektiver Vergleich zur Africa Twin

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 12:13
von Kunibert
Ein subjektiver Vergleich F800GS zur Africa Twin:

Ich bin die AT (RD07a BJ.99) über 50TKm gefahren, war damit auch viel auf Reisen (teilweise zu zweit) und habe mir nun die F800GS vor 2 Wochen gekauft und gefahren. Bisher habe ich mit der GS 700Km bergige Landstraßen und viele Feld- und Waldwege hinter mir und möchte nun hiermit einen "kleinen" Vergleich loswerden.
Viele Verbesserungen hatte ich an der AT bereits gemacht und werde auf die "kleinen Schwächen" der werksseitigen Auslieferung nicht eingehen (progressive Gabelfedern, WP Federbein, Stahlflex Bremsleitung, aufgepolsterte Sitzbank mit Sitzkeil, Lenkererhöhung, Scottoiler, Sturzbügel, Alu-Koffer)

Die Sitzposition ist schon recht optimal (bin 1,84). Es ist alles genau dort, wo man es erwartet. Trotzdem habe ich den Ganghebel noch etwas nach oben gestellt, da das Fahren mit Stiefeln im Stehen so besser geht. Den Bremshebel wollte ich auch etwas höher stellen, was aber leider nicht geht (Vielleicht kann mir einer einen Tipp geben wie.)
Unter den Fahrer-Fußrastengummis stecken brauchbare Fußrasten, genauso wie an der AT. Eine Lenkererhöhung habe ich mir bei TT bestellt, kommt also in den nächsten Tagen.
Die Bedienung der Blinker ist reine Gewöhnungssache, ich komme inzwischen damit zurecht.
Das Cockpit mit Kanzel ist viel kleiner, bietet aber erstaunlicherweise ähnlichen Schutz (auch bei Regen).
Die Sitzposition und der Platz beim Fahren zu Zweit sind ebenfalls direkt vergleichbar. Nach 100km auf schlechten Straßen kam allerdings auch hier der Entschluss: an die GS muss eine veränderte Sitzbank. Der Sozius rutscht beim Bremsen genauso vor und die Polsterung ist für längere Fahrten nicht ganz optimal. Ich tendiere zu einer Sitzbank von Bagster (Auswertung folgt noch).
Im Gelände ist natürlich eine schmale, flache Sitzbank vom Vorteil (wie sie jetzt ist). Durch die verbesserte Gewichtsverteilung (die AT ist doch sehr kopflastig) kann und muss man sich auf der GS aktiv bewegen. Je breiter die Bank, umso schlechter geht das. Die Sitzbank wird also immer ein Kompromiss zwischen bequem und funktionell bleiben.

Mal abgesehen von der Optik, mir gefällt die Linie der GS sehr gut, gibt es beim Fahren eindeutige Unterschiede.
Schon beim Anlassen des Motors ist es einfach angenehmer, dass man nicht mehr mit Choke herumspielen muss.
Kupplung und Schaltung sind perfekt, sehr präzise und leichtgängig (nur in den 6.Gang muss man schon deutlich schalten). Eine Anfahrschwäche ist kaum spürbar, warmer Motor und richtige Drehzahl vorausgesetzt.
Das Beschleunigen macht so richtig Spaß. Der Motor zieht auf dem gesamten Drehzahlbereich wunderbar kräftig, selbst zu Zweit in den Bergen.
Ich kann eigentlich sagen, der Motor ist schon leicht zornig.
Vor allem beim Fahren zu zweit ist ein Lastwechsel spürbar. Da hier hilft nur ein, im Vergleich zur eher trägen AT, veränderter Fahrstil, d.h der Umgang mit den Gasgriff sollte auch "Zwischenstufen" haben (und nicht nur Vollgas und kein Gas).
Besonders gut funktioniert das erneute Gasgeben nach dem Schiebebetrieb. Hier hatte der Vergasermotor der AT deutliche Probleme. Der Motor der GS greift hier ohne Verzögerung wieder kräftig zu.
Kurvenfahrten sind vergleichbar leicht und freiwillig (sogar eher vergleichbar mit der Transalp).
Beim Befahren von Trialpassagen, im 1.Gang und wenig Gas, hatte ich an der AT oft gefährliche Aussetzer vom Motor. Das kann die GS besser. Auch der Wendekreis ist geringer und somit handlicher. Einzig könnte, bei derartigen Anforderungen, der 1.Gang etwas kleiner übersetzt werden. Mal schauen, wie lang die Kupplung hält.

Die Bremsen sind, neben dem Motor, das Beste an der GS. Nicht nur, dass sie sich perfekt dosieren lassen und auch richtig kräftig zupacken können, ist das ABS natürlich ein erheblicher Zugewinn an Sicherheit (das war auch mein Hauptgrund für den Kauf). Auch im leichten Gelände ist mit dem ABS das Fahren wesentlich einfacher und sicherer. Das deutlich geringere Gewicht und die damit verbundene Handlichkeit kommen noch dazu. Ich traue mir also zu, die GS viel sportlicher zu bewegen, als die AT.
Wobei auch das Gegenteil von sportlichem Fahren mit der GS einfach Spaß macht. Vor allem durch den 6.Gang und bei geringen Drehzahlen unter 3T U/min kann man quasi Cruisen und gemütlich, ohne viel Aufregung den Sonntag-Nachmittag mit Biken genießen.
Dabei ist der Motor auch noch schön sparsam. Mein derzeitiger Verbrauch liegt im Durchschnitt bei 5 1/2 Liter, wird aber nach dem Einfahren sicher noch sinken.
(Im Moment drehe ich die Gänge noch bis ca. 6T U/min, was dann nach dem Einfahren nicht mehr notwendig ist.)

Beim Fahren unter 0°C ist mir der Bedienknopf des Bordcomputers eingefroren. Heizgriffe an und nach 10min ging er wieder (sollte also besser abgedichtet sein).
Schön ist an den werksseitigen Heizgriffen, dass das Kabelgeflecht entfällt und der Durchmesser der Griffe schön klein bleibt.

Das Federbein ist sehr praktisch in der Federvorspannnung und Dämpfung einstellbar. Die Dämpfung brauchte ich noch nicht verändern, allerdings ist eine angepasste Federvorspannung beim Fahren zu Zweit angebracht.

Die Upside-Down-Gabel funktioniert tadellos, werde aber vielleicht irgendwann auch wieder auf progressive Federn wechseln (beim starken Abbremsen zu zweit taucht sie schon ziemlich stark ein).

Die original Handschützer sind sehr stabil und schön, bieten allerdings nicht optimalen Wind- und Regenschutz. Der Schutz müsste nach oben verlängert werden.

Die Spiegel sind kleiner und weiter außen. Das lenkt doch etwas ab und könnte verbessert werden. (Passen die der Twin? ;-) )

Der Klang der F800GS ist vom Feinsten. Nicht aufdringlich, aber dennoch kernig. Nur das Gerassel vom Motor ist irgendwie störend. Hoffentlich nimmt das Geräusch nach dem Einfahren noch ab. Ein anderer Topf ist dennoch auf Grund von Größe und Gewicht überdenkbar.

Ein Motorschutz ist für mich dringend erforderlich. Die AT hatte hier einfach bessere Voraussetzungen, egal ob Schotterwege oder Schlamm, der Alu-Motorschutz war optimal.
Der bereits erhältlich große Alu-Motorschutz bietet für mich noch zu wenig Schutz bei Schlamm.
Auch Sturzbügel gehören als Schutz bei leichten Umfallern einfach dazu.
Der Zubehörmarkt für die GS ist gerade noch im Aufbau. Bleibt nur, auf TT, H&B, Wunderlich und Co zu warten.

Der Hauptständer ist preislich i.O. , sehr einfach zu bedienen und liefert sicheren Stand. Der Seitenständer ist identisch zur AT.

Für das Koffersystem habe ich mich quasi schon entschieden. Extreme Enduroreisen mit Koffern im Gelände finden für mich eher nicht (mehr) statt und ich ziehe deswegen die praktischen, eng anliegenden, original BMW-Koffer den Alu-Kisten vor.
Das Topcase gehört für mich an einen Cityroller zum Pizza-Ausfahren, aber nicht an die GS. Eine Gepäckrolle tut es auch.
Der Topcaseträger oder eine Gepäckbrücke sind allerdings brauchbar, da sonst am Heck der GS nichts transportiert werden kann. Das war an der AT besser.
Das Heck der GS ist zwar schön schmal, wirft aber auch viel Dreck von hinten hoch. Über einen Spritzschutz grübele ich noch nach.

Der Vorteil vom CAN-Bus-System erschließt sich für mich noch nicht so richtig. Irgendwie habe ich das Gefühl, hier nur mehr Geld zu bezahlen, ohne Mehrwert als Kunde zu haben. Dazu gehört z.B. auch das Batterie-Ladegerät. Eine günstige und praktische Lösung wird es hierfür sicherlich noch geben. Gleiches gilt für einen möglichen Kettenöler.
Ein paar Ideen gab es ja schon im Forum.

Mein Fazit: Die F800GS ist mein langersehnter, würdiger Nachfolger der Africa Twin, die mir genauso Möglichkeiten zur Individualisierung liefert.

Linke Hand zum Gruß. Jürgen alias Kunibert.

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 12:26
von Der Bär
Sehr schöner Bericht, Jürgen 8)

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 12:32
von FR170
Hut ab. Da hat sich einer richtig Mühe gegeben. Herzlichen Dank.

Oli

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 12:36
von Archi_74
Vielen Dank für das aufzeigen der Stärken und Schwächen aus deiner Sicht. Sehr aufschlußreich!

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 13:52
von Jürgen-aus-München
an Jürgen (Königsee) von Jürgen (aus München)

Klasse und interessanter Bericht dem ich voll zustimmen kann. Hatte vorher eine Triumph Tiger 955i mit massig Bums seitens des Motors - aber doch ein viel zu schweres Eisen. (hat aber trotzdem irre Spaß gemacht)

hier noch ein paar Kommentare:
- Das rasseln ist gewöhnungsbedürftig, speziell bei nicht gezogener Kupplung das Rasselgeräusch ...
- Einfahren bis 6.000 ? hat mir mein :D verboten - maximal 4.000 riet er mir , viel schalten, viele Lastwechsel ...
- Inspektionskosten überaschten mich positiv
- Zubehörangebot noch dürftig - wird aber schon,

Bezüglich Motorschutzbügel - schau mal in der letzten MOTORRAD das Bild bei Wunderlich an - der scheint auch den Filter zu schützen - W. gibt aber noch keine Auskunft ...

Viel Spaß - wir werden uns bestimmt mal sehen - spätestens in GAP oder ????????

Grüße von Jürgen an Jürgen und alle anderen

(F800GS in sunset, viel Zubehör, 955 km Tachostand ...nach 3 Fahrtagen))

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 13:57
von FR170
@Jürgen

GAP ??

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 14:04
von Der Bär
FR170 hat geschrieben:GAP

Na liegt doch direkt um die Ecke. :roll:

Zumindest für die Beiden... :wink: Für uns ist es ein halber km weiter... :lol:

@ Jürgen
Gibt es da einen speziellen Termin?

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 14:05
von Archi_74
Garmisch-Partenkirchen

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 14:14
von FR170
@Archi
Schon klar. GAP ist Garmisch-P.

@Bär
Um die Ecke. Naja, wenn man zum Pizzaessen immer nach Italien fährt
dann liegt GAP wirklich um die Ecke.

@Jürgen
Gibt´s da ein BMW-F-Treffen oder was?

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 14:24
von Striker
Ich werde auf jeden da sein :D

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 14:33
von FR170
@Striker

Schön für Dich. Sagt nun mal einer was in GAP ist? Und wann?
Oder muß ich den Bürgermeister von GAP anrufen und frage? :wink:

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 14:37
von Kunibert
@Jürgen-aus-München
Da fällt mir doch wieder auf, dass meine Vorstellung im Gästebuch noch fehlt. (hole ich noch nach) Ich komme aus Königsee im Thüringer Wald.
Garmisch-Partenkirchen ist schon 'ne ganze Ecke weg (431km). Das ist selbst für eine große Tasse Kaffee etwas zu weit. ;-)
Bei den ersten paar hundert Kilometern bin ich auch nicht über 4 1/2 T Drehzahlen gefahren. Nun steigere ich allerdings kontinuierlich (bei warmen Motor).

@all
Vielen Dank für Eure Antworten.

Grüße Jürgen aus Thüringen.

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 14:39
von FR170
Wer sich anstrengt hat Lob verdient. :wink:

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 14:45
von Der Bär
Kunibert hat geschrieben: Ich komme aus Königsee im Thüringer Wald.
Darauf lässt dein Avatar aber nicht schließen... :wink:

BeitragVerfasst: 17.04.2008, 14:47
von Der Bär
@FR170

Sicher meinen die Herrschaften die BMW Motorraddays 2008... :?